Das Spurenelement Selen
Wusstest du, dass ...
Was ist Selen?
Im Kammerschlamm einer Schwefelsäurefabrik stieß der der schwedische Chemiker Jöns Jakob Berzelsius 1817 auf ein rötlich graues Halbmetall und entdeckte damit ein neues Element. Lange Zeit dachte man von Selen, dass es ein Gift ist - zu Unrecht, wie sich über 100 Jahre später herausstellte. 1957 machten Wissenschaftler dann die Kehrtwende und fanden heraus: Der Körper braucht Selen und ist für den Menschen sogar lebensnotwendig. Aber erst 1973 legte das Spurenelement Selen seinen schlechten Ruf endgültig ab. In diesem Jahr wurde dann auch das erste Selenoprotein identifiziert: Ein Enzym, das für Entgiftungsprozesse im Körper eine essenzielle Rolle spielt.
Welche Wirkung hat Selen im Körper? [1]
Für was ist Selen gut? Und welche Aufgaben hat das essenzielle Spurenelement im Körper? Als Bestandteil von Enzymen entfaltet Selen bei einer Vielzahl von Reaktionen im Organismus seine Wirkung. Als Radikalfänger schützt es etwa deine Zellen vor oxidativem Stress und trägt zu einer normalen Schilddrüsenfunktion bei. Unerlässlich ist Selen außerdem auch für dein Immunsystem: Es unterstützt die Bildung der Abwehrzellen und arbeitet an der Produktion von körpereigenen Antikörpern mit. Zusätzlich hat Selen eine weitere, nicht zu unterschätzende Funktion: Es trägt zur Spermabildung bei und ist somit wesentlich für die Fruchtbarkeit des Mannes. Außerdem trägt Selen durch seine antioxidativen Eigenschaften zu einer normalen Haut bei.
Das Spurenelement Selen und die Schilddrüse sind ein starkes Team. In diesem endokrinen Organ ist die Konzentration an antioxidativ wirkenden Selenoproteinen außerordentlich hoch. Gleich zwei Arten der selenhaltigen Enzyme sorgen dafür, dass die Hormonbildung in der Schilddrüse reibungslos verläuft. Wenn der Tagesbedarf an Selen über die Ernährung nicht gedeckt wird oder ein dauerhafter Selenmangel herrscht, kann die Leistung der Schilddrüse stark beeinflusst sein. Für eine normale Schilddrüsenfunktion ist Selen also essenziell!
Die Schilddrüse
Selen und seine Wirkung auf das Immunsystem[1]
Dein Immunsystem profitiert von einer guten Versorgung durch Vitamine! Aber nicht nur Vitamin A, C und D sind wichtige Bausteine dafür, das körpereigene Schutzschild , auch Spurenelemente wie Selen und Zink unterstützen deine Abwehrkräfte. Zusätzlich agieren diese beiden auch als Radikalfänger und schützen deine Zellen vor oxidativem Stress.
Dein Immunsystem stärken
Vom Kinderwunsch zum Wunschkind – ein Leichtes, könnte man denken. Manchmal stellt sich das freudige Ereignis aber nicht so schnell ein, wie erhofft. Besonders für den Mann kann es sich dann lohnen, einen Blick auf seinen Selenspiegel zu werfen. Denn in den Hoden finden sich große Mengen des Spurenelements Selen, das die Zellen vor freien Radikalen schützt und für die Bildung von gesunden Spermien unentbehrlich ist.
Studien zeigen, dass Bewohner selenreicher Länder mehr des Spurenelements in sich tragen als etwa Personen aus Selenmangelgebieten. So weisen Amerikaner einen Gesamtbestand von etwa 13-20 mg Selen im Körper auf, während es bei Mitteleuropäer nur ungefähr 5-6 mg Selen sind. In deinem Körper befindet sich der Großteil des Selens in der Muskulatur und den Knochen: dort finden sich bis zu 65% des gesamten Selengehalts. Unter deinen Organen weisen die Schilddrüse, die Nieren, die Leber und die Hoden einen hohen Selengehalt auf. Besteht ein Selenmangel oder ein erhöhter Bedarf, verschiebt sich das Verteilungsmuster im Körper: Das Spurenelement wird zu den Bereichen transportiert, die es besonders benötigen. Dabei kann auf den körpereigenen Selenspeicher zurückgegriffen werden, der anschließend über die Ernährung wieder aufgefüllt werden muss.
Wie bei vielen Mineralstoffen, Vitaminen und Co. ist der Tagesbedarf des Spurenelements Selen eines Mannes höher als der einer Frau. Bedenkt man, dass Männer meist größer als Frauen sind und oft mehr auf die Waage bringen, überrascht es kaum. Die D-A-CH Referenzwerte empfehlen ab dem 15. Lebensjahr eine tägliche Selenzufuhr von 70 µg für Männer sowie 60 µg für Frauen. Kinder und Jugendliche haben einen deutlich geringeren täglichen Bedarf. Von 10 bis 15 µg für Säuglinge bis hin zu 60 µg Selen für 13- bis unter 15-Jährige reicht die Bandbreite des Tagesbedarfs am essenziellen Spurenelement.
Wir wissen: Europa hat selenarme Böden. Den Tagesbedarf des essenziellen Spurenelements über Lebensmittel zu decken, ist nicht immer einfach. Besonders Bewohner eines Selenmangelgebiets sollten ihren Status im Auge behalten, denn hier ist der Selengehalt der Nahrungsmittel stark abhängig vom Vorkommen der Böden. Egal ob als vegetarisches Lebensmittel oder als Futter für Nutztiere: Selen wird hauptsächlich über Pflanzen in die Nahrungskette eingespeist. Pflanzen selbst benötigen kein Selen, nehmen es aber aus dem Boden auf. Wieviel des Spurenelements sie in ihre Strukturen einbauen, bestimmt rein der Untergrund, auf dem sie wachsen. Der Selengehalt des Bodens ist somit der Knackpunkt für die Selenversorgung von Tier und Mensch. In Europa ist die Versorgungslage nicht ideal: Viele Nord- und Mitteleuropäer können den laut D-A-CH-Referenzwerten empfohlenen Tagesbedarf an Selen über die Ernährung nicht decken. Das ist hauptsächlich den selenarmen Böden Europas zuzuschreiben. Doch in welchen Lebensmitteln ist Selen eigentlich enthalten?
Manche Pflanzen können von Natur aus eine nennenswerte Menge an Selen in Form der organischen Verbindung Selenmethionin anreichern. Im Körper kann Selen aus Selenmethionin entweder in der Muskulatur gespeichert oder bei Bedarf gleich für die Bildung von Selenoproteinen verwendet werden.
Als gute pflanzliche Selenquellen gelten:
- Kokosnüsse und Paranüsse
- Pilze, besonders Steinpilze
Diese Vertreter des Pflanzenreichs können eine moderate Menge Selen liefern:
- Kohl, wie Weißkohl oder Brokkoli
- Zwiebelgemüse und Knoblauch
- Spargel
- Hülsenfrüchte wie Linsen und Bohnen
- Getreide wie Reis, Mais oder Haferflocken
TIPP für ein selenreiches Frühstück:
Starte ideal in den Tag: Ein Porridge mit Haferflocken, ein oder zwei Paranüssen und Kokosmilch liefert schon am Morgen eine Extraportion Selen.
Tierische Lebensmittel stellen in Europa eine zuverlässige Selenquelle dar. Während Seefische, Meeresfrüchte und Schalentiere natürlicherweise viel Selen bieten können, darf Tierfutter in der Europäischen Union mit Selen angereichert werden.
Gute tierische Selenlieferanten sind vor allem:
- Meeresfische wie Heringe, Sardinen, Rotzunge, Makrelen oder Thunfisch
- Meeresfrüchte wie zum Beispiel Miesmuscheln
- Schalentiere wie Hummer, Langusten oder Garnelen
- Tierische Innereien: Hühner- und Schweineleber sowie Schweine- und Rindernieren
- Hühnereier
Die beste Basis, um den Tagesbedarf an Selen zu decken, ist eine ausgewogene und gesunde Ernährung. In manche Situationen und Lebensphasen ist aber ein genauerer Blick auf die tägliche Zufuhr des essenziellen Spurenelements ratsam:
- Während der Stillzeit ist der Tagesbedarf einer Frau an Selen nochmals um 15 µg erhöht, da sie über die Muttermilch auch ihr Baby mit dem Spurenelement versorgt.
- Bei einer vegetarischen oder veganen Ernährungsweise sollte der Selenstatus besonders im Fokus stehen. Denn durch den Verzicht auf tierische Kost neigen Vegetarier und Veganer eher zu einem Selendefizit.
- Viele gängige Nährlösungen enthalten kein Selen. Eine parenterale Ernährung kann deswegen zu einer unzureichenden Selenversorgung des Patienten führen.
Personen mit Autoimmunkrankheiten der Schilddrüse wie Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow können von einem guten Selenhaushalt profitieren.
Schilddrüsenerkrankungen
Hashimoto
„Die Dosis macht das Gift“ – wie für so Vieles, gilt das auch für das Spurenelement Selen. Der beste Weg, um den eigenen Selenstatus zu bestimmen, ist eine Mikronährstoffanalyse. Dadurch kann der individuelle tägliche Bedarf in Erfahrung gebracht und ein Zuviel sowie ein Zuwenig des Spurenelements vermieden werden.
Ausreichende Versorgung mit Selen sicherstellen
Eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist essenziell, um den Tagesbedarf an Selen zu decken, zusätzlich können auch Nahrungsergänzungen unterstützen. Dabei bildet eine Mikronährstoffanalyse die ideale Grundlage, um den individuellen Bedarf zu bestimmen. Höherdosiert sollten Selenpräparate können sowohl kurweise als auch längerfristig zur Anwendung kommen.
Selen ist Bestandteil vieler Proteine im Körper und hat dort verschiedenste Aufgaben. Als Radikalfänger schützt es die Zellen vor oxidativem Stress und trägt zu einer normalen Schilddrüsenfunktion bei. Unerlässlich ist Selen außerdem für unser Immunsystem und für die normale Bildung von Spermien.
Übersteigt die tägliche Zufuhr an Selen den Bedarf, kann es akut sowie auf längere Sicht zu verschiedenen körperlichen Erscheinungen kommen. Eine Mikronährstoffanalyse kann Auskunft über den Selenstatus geben und einer Überdosierung und der Entwicklung von körperlichen Folgen vorbeugen.
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Einzelnachweise
- Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission; Festlegung einer Liste zulässiger gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel; Amtsblatt der Europäischen Union 2012
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung; D-A-CH Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr;https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/selen/?L=0; abgerufen 04.04.2022
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung; Ausgewählte Fragen und Antworten zu Selen; Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. 2021
- Schweizer U., et al.; Supplementieren oder nicht? Das Spurenelement Selen; Perspectives in Medicine 2014; 2:72—78
- Georg Thieme Verlag KG; Selen;https://roempp.thieme.de/lexicon/RD-19-01826#10820425612371280653; abgerufen 05.04.2022
- Ekmekcioglu C., Marktl W.; Essenzielle Spurenelemente - Klinik und Ernährungsmedizin; Springer Verlag 2006
- Schrauzer G. N., et al.; Selenium in human and animal nutrition: Resolved and unresolved issues. A partly historical treatise in commemoration of the fiftieth anniversary of the discovery of the biological essentiality of selenium, dedicated to the memory of Klaus Schwarz (1914–1978) on the occasion of the thirtieth anniversary of his death; Critical Reviews in Biotechnology 2009; 29(1): 2–9
- Souci/Fachmann/Kraut; Online Datenbank; medpharm Scientific Publishers 2017
- Gärtner R.; Wichtige Spurenelemente für die Schilddrüse; Prävention und Gesundheitsförderung 2007: 2:185-190
- Gröber U.; Mikronährstoffe - Metabolic Tuning- Prävention- Therapie; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2011; Aufl 3
- Schlemmer L., et al.; Selen und Hasimoto-Thyreoiditis; Zeitschrift für Orthomolekulare Medizin 2010; 3:14-18
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung; D-A-CH Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr;https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/?L=0; abgerufen 12.04.2022
- Elmadfa I., Leitzmann C.; Ernährung des Menschen; Eugen Ulmer KG 2015; Aufl 5
- Elmadfa I., et al.; Österreichischer Ernährungsbericht 2012; Aufl 1
- Gröber U.; Die wichtigsten Nahrungsergänzungsmittel: Das Plus für Ihre Gesundheit; Südwest Verlag 2019; Aufl 4
- Biesalski H.K.; Vitamine, Spurenelemente und Minerale – Indikation, Diagnostik, Therapie; George Thieme Verlag 2019; Aufl 2
- Gröber U.; Nahrungsergänzung - Selen; DAZ 2008; Nr.11