Training mit dem Zyklus
„Frau Lehrerin, ich habe die Regel!“, es gab Zeiten, in denen diese Aussage Grund genug war, ein Mädchen vom Sportunterricht zu befreien. Während der monatlichen Regelblutung sollte frau jegliche körperliche Anstrengung vermeiden, hieß es – und heißt es in vielen Kulturkreisen heute noch. Seit jeher ranken sich Gerüchte um die Menstruation: In der Antike wurde sie als Prozess der Reinigung betrachtet, im Judentum oder Christentum durften Frauen in diesen Tagen nicht an spirituellen Handlungen teilnehmen. Selbst Zauberkraft wurde der Monatsblutung unterstellt. Es sind Theorien, die heutzutage belächelt werden. Gerade im Hinblick auf Sport ranken sich aber weiterhin zahlreiche Mythen um den weiblichen Zyklus: Sport während der Periode – passt das überhaupt zusammen?
Der weibliche Zyklus
Sport im Zyklus der Frau
Durchschnittlich 28 Tage dauert der Menstruationszyklus vom Beginn der Regelblutung bis zum Ende, wobei ein Schwanken zwischen 23 und 35 Tagen normal ist. Durch die wechselnde Konzentration von Östrogenen und Gestagenen ist der weibliche Körper in diesen Phasen starken hormonellen Schwankungen unterworfen, die auch durch motorische Fähigkeiten, die Atmung, das Körpergewicht, den Stoffwechsel, das Herz-Kreislauf-System sowie die Psyche beeinflussen und sich von Frau zu Frau unterschiedlich auswirken. Die hormonellen Veränderungen im Zyklus der Frau können auch ihre Performance beim Sport beeinflussen.
Menstruationsphase: Tag 1-4
Entgegen früherer Annahmen ist eine sportliche Betätigung während der Periode unbedenklich. Der Blutverlust von durchschnittlich 60 ml aufgeteilt auf mehrere Tage hat keine gravierenden Auswirkungen auf Wohlbefinden oder Leistung. Dennoch klagen 30% der Sportlerinnen in dieser Phase des Zyklus über eine Reduktion ihrer Leistungsfähigkeit.
Der Rest hingegen erzielt eine gleichbleibende oder gar gesteigerte Leistungsbereitschaft. Einer schwedischen Studie zufolge führen die schlechtere Koordination, verlängerte Reaktionszeit und vermindertes räumliches Vorstellungsvermögen in dieser Zyklusphase zu einer höheren Verletzungsanfälligkeit beim Sport.
Postmenstruelle Phase Tage 5–22
In den Tagen nach der Menstruation bis zur Ovulation erzielen die meisten Frauen beim Sport die besten Leistungen im Laufe des weiblichen Zyklus. Das liegt daran, dass mit dem Ansteigen des Östrogenspiegels auch andere Hormone wie Noradrenalin oder Dopamin vermehrt aus dem Nebennierenmark ausgeschüttet werden, die wiederum die Leistungen steigern und gleichzeitig antriebshemmende Hormone unterdrücken. Hinzu kommt der in Teilen anabole Effekt der weiblichen Sexualhormone, der sich in dieser Phase des weiblichen Zyklus positiv auf die sportliche Leistungsfähigkeit auswirken kann.
Prämenstruelle Phase Tage 23–28
In der Zyklusphase nach dem Eisprung ist das sportliche Leistungsvermögen am geringsten. Das liegt vermutlich an der verminderten Konzentrationsfähigkeit und der schnelleren Muskel- sowie Nervenermüdung durch den zunehmenden Progesteron-Einfluss.
Sport nach Zyklusphase
Ausreichend erforscht sind die Auswirkungen der einzelnen Phasen im Zyklus der Frau gerade im Sport und auf unsere physische Leistung bei Weitem nicht. Die wenigen sportwissenschaftlichen Studien zum Thema weiblicher Zyklus und Sport liefern oft widersprüchliche Ergebnisse. Für Hobby-Sportlerinnen mögen solche hormonell bedingten Leistungsschwankungen unangenehm sein, bei Profi-Athletinnen können sie sich negativ auf ihre Karriere auswirken. Dabei könnte man sich das Wissen über den eigenen Monatszyklus und seine Auswirkungen zunutze machen, um einen maximalen Trainingseffekt zu erzielen. Das lässt zumindest eine Studie vermuten, die von Dr. med. Petra Platen und deren Kollegen vom Institut für Sportmedizin und Sporternährung der Ruhr-Universität Bochum durchgeführt wurde. Drei Wochen hartes Training, eine Woche Regeneration: Drei Monate lang haben zwei Sportlerinnen nach diesem bekannten Schema ihre beiden Körperhälften zeitlich versetzt trainiert. Die rechte Seite war in der ersten Hälfte des Zyklus an der Reihe, die linke in der Phase nach dem Eisprung.
Das Ergebnis: In der ersten Hälfte des weiblichen Zyklus erzielte das Muskelaufbautraining besonders große Erfolge, sowohl Kraftleistung als auch Muskeldichte und -volumen ließen sich besser steigern als in anderen Zyklusphasen. Die Erklärung liegt laut Wissenschaftlern auf der Hand: In der ersten Hälfte des Zyklus steigt die Östradiol-Konzentration im Blut bis zu einem Spitzenwert beim Eisprung an, um dann wieder auf mittlere Werte abzusinken. Östradiol ist für seine anabole Wirkung bekannt. Das weibliche Geschlechtshormon Progesteron, das in der zweiten Zyklushälfte dominiert, fördert hingegen eher den Abbau der Muskelmasse.
Beeinflusst Sport die Menstruation?
Während der Zusammenhang zwischen Leistungsfähigkeit und dem Menstruationszyklus noch genauer betrachtet werden muss, ist der positive Einfluss von Bewegung auf den Zyklus unumstritten. Denn auch wenn viele Frauen sich während ihrer Periode weniger leistungsfähig fühlen, heißt das nicht, dass frau sich während der Periode nicht sportlich betätigen kann oder sollte.
In zahlreichen Studien bestätigen Sportlerinnen, dass ihre Regelbeschwerden durch regelmäßige körperliche Betätigung gelindert werden konnten. Selbst wenn frau sich müde oder abgeschlagen fühlt: Leichtes Ausdauertraining, wie ein Spaziergang an der frischen Luft, Laufen, Radfahren oder Nordic Walking – ergänzt durch sanfte Dehn- oder Yogaübungen – sie alle heben nicht nur das Energielevel, sondern auch die Laune. Das wundert wenig, fördert doch Sport die Durchblutung und regt die Endorphin-Ausschüttung an und verhindert etwaige Gefäßverengungen, die zu Bauchkrämpfen oder Migräne führen können.
Hilft Sport bei PMS (Prämenstruelles Syndrom)?
Damit nicht genug, wird Sport erfolgreich zur Linderung einer der unangenehmsten Begleiterscheinung der Menstruation eingesetzt, des PMS. Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwere- oder Spannungsgefühl und Wassereinlagerungen – 40 bis 90 Prozent aller Frauen kennen diese körperlichen Symptome. Bei anderen macht sich PMS durch Reizbarkeit, depressive Verstimmung oder Nervosität bemerkbar. Meistens treten die Beschwerden etwa 6–8 Tage vor der Regelblutung auf und klingen nach dem ersten oder zweiten Tag der Menstruation wieder ab. Es handelt sich dabei um eine hormonelle Erkrankung, die in 2–4 Prozent ärztlich behandelt werden muss. Ihre genauen Ursachen konnten bis dato nicht geklärt werden. Man nimmt an, dass die zyklusbedingten Veränderungen in der Östrogen- und Progesteron-Sekretion liegen sowie mit der Aldosteron- und Prolaktin-Ausschüttung in Verbindung stehen.
Die Tage vor den Tagen
Wie die Ernährung den Zyklus beeinflusst
Darüber hinaus hat sich die Beobachtung der Versorgungslage mit den richtigen Mikronährstoffen als sinnvoll erwiesen. Die Vitamine B1, B3, B6, B12, Biotin und Folsäure sowie Magnesium tragen zu einem stabilen Nervensystem und einer ausgeglichenen Psyche bei.
Sportlerinnen sollten im Hinblick auf ihren Monatszyklus auch auf eine ausreichende Versorgung mit dem Spurenelement Eisen achten. Schließlich liegt der Eisenverlust während der Regel bei insgesamt 10 bis 30 mg und damit im Höchstfall beinahe bei der doppelten Menge des Tagesbedarfs. Eisen trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel, dem Sauerstofftransport sowie der Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei. Außerdem ist das Spurenelement für das Immunsystem sowie die Blutbildung wichtig.
In der Regel Eisen
Zu viel Sport? Wenn die Periode ausbleibt
Eine ausgewogene Versorgung mit Nährstoffen über die Ernährung kann sich positiv auf den Zyklus auswirken, der gerade bei Leistungssportlerinnen verhältnismäßig oft nicht harmonisch ist: von verspätetem Eintritt der ersten Regelblutung über unregelmäßige Zyklen oder gar bis zu einem Ausbleiben der Menstruation.
Kann Sport also auch das Ausbleiben der Menstruation beeinflussen? Nicht der Sport an sich, sondern eine Mischung aus zu intensivem Training, erhöhtem Stress, vor allem aber Mangelernährung ist für das Ausbleiben der Periode verantwortlich und kann zu einem großen Gesundheitsrisiko werden. Denn bestehen diese sportinduzierten Zyklusstörungen länger, führen sie nicht nur zu einem zu niedrigen Knochenmineralgehalt, sondern haben auch eine erhöhte Verletzungsrate zur Folge. Im Fachjargon wird das Phänomen als „Triade der Sport treibenden Frau – Störung des Essverhaltens, Zyklusstörung und Osteoporose“ bezeichnet.
Letztendlich gibt es nicht nur einen Weg, der dich ausgeglichen durch die unterschiedlichen Zyklusphasen bringt. Dazu gehört auch, sich hochwertig zu ernähren und sich auch einmal Entspannung zu gönnen, wenn alles nach Ruhe schreit!
Kurz: Je besser du deine Zyklusphasen und den eigenen Körper kennst und weißt, was gerade in ihm vorgeht, desto stärker wirst du dich körperlich wie mental fühlen. Und damit kann dich so leicht nichts aus der Bahn werfen – schon gar nicht die eigenen Hormone, ganz gleich, ob beim Sport oder im Alltag.
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Ja. Entgegen früherer Annahmen ist eine sportliche Betätigung während der Periode unbedenklich. Der Blutverlust von durchschnittlich 60 ml aufgeteilt auf mehrere Tage hat keine gravierenden Auswirkungen auf Wohlbefinden oder Leistung.
Ein flotter Spaziergang an der frischen Luft, leichtes Ausdauertraining wie Laufen, Radfahren und Nordic Walking oder sanfte Dehn- und Yogaübungen können bei Regelbeschwerden Linderung verschaffen. Denn: Sport und Bewegung fördern die Durchblutung, heben das Energielevel und regen die Ausschüttung von Endorphinen an. Etwaige Gefäßverengungen, die zu Bauchkrämpfen oder Migräne führen können, werden vermieden.
Ob man mit Sport die Periode verkürzen kann, ist wissenschaftlich nicht eindeutig belegt. Es gibt zwar Beobachtungen, die zeigen konnten, dass die Periode sportlicher Frauen kürzer ist. Dagegen sprechen jedoch weitere Untersuchungen, die keinen Einfluss von Sport auf die Periode feststellen konnten. Neue Erkenntnisse zu dieser Frage werden daher mit Spannung erwartet.
Eine groß angelegte Analyse mit insgesamt 754 Teilnehmerinnen konnte bestätigen: Sport wirkte sich positiv auf menstruationsbedingte Schmerzen aus. Der Untersuchung zufolge ist dies vor allem bei Frauen der Fall, die unter starken Regelbeschwerden leiden. Konkret wurde den Frauen empfohlen, den gesamten Zyklus über Sport zu treiben, und zwar 3 x pro Woche für 45- 60 Minuten. Bei zu starkem Unwohlsein während der Periode war es den Frauen freigestellt, während der Menstruation zu pausieren.
Ja. In zahlreichen Studien bestätigen Sportlerinnen, dass ihre Menstruationsbeschwerden durch regelmäßige körperliche Betätigung gelindert werden konnten. Auch unangenehme Begleiterscheinungen des Menstruations-Zyklus, wie z.B. PMS können durch regelmäßige Bewegung abgemildert werden.
Jein. Das scheint von Ausmaß und Intensität der körperlichen Aktivität abzuhängen. Denn Forscher beobachteten: Frauen mit intensiver sportlicher Betätigung, etwa im Profi-Bereich, tendieren dazu stärker zu menstruieren. Dies zeigten Untersuchungen bei Marathonläuferinnen, professionellen Athletinnen und Elite-Sportlerinnen. Bei Hobby-Sportlerinnen, die moderat körperlich aktiv sind, konnte eine stärkere Periode jedoch nicht beobachtet werden.
In den Tagen nach der Menstruation bis zur Ovulation erzielen die meisten Frauen beim Sport die besten Leistungen im Laufe des weiblichen Zyklus. Dies steht mit dem Ansteigen des Östrogenspiegels sowie der vermehrten Ausschüttung anderer Hormone wie Noradrenalin oder Dopamin zusammen. Hinzu kommt der in Teilen anabole Effekt der weiblichen Sexualhormone.
Ja, Sport und Bewegung können dabei helfen, Symptome von PMS wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwere- oder Spannungsgefühl, Nervosität oder Schlaflosigkeit zu lindern. Wer sich regelmäßig bewegt, darf sich in der Regel an einem gesteigerten Wohlbefinden und einer verbesserten Schlafqualität erfreuen und kann so besser entspannen.
Üblicherweise sorgt nicht Sport allein, sondern eine Mischung aus zu intensivem Training, erhöhtem Stress und Mangelernährung dafür, dass die Periode ausbleibt. Dauern solche sportinduzierten Zyklusstörungen länger an, führt dies zu einem niedrigeren Knochenmineralgehalt, einer gesteigerten Verletzungsrate und somit einem erhöhten Gesundheitsrisiko.
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Einzelnachweise
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