Frau läuft am Strand in Richtung Sonnenuntergang

Zirkadianer Rhythmus

Wie das Auf- und Absteigen der Sonne einem Rhythmus folgt, folgen auch Vorgänge in deinem Körper einem steten Rhythmus. Bekannt unter Begriffen wie “innere Uhr” oder “zirkadianer Rhythmus” haben sie Einfluss auf dein Leben. Doch was steckt dahinter und wie kannst du die Rhythmen für dich nutzen? Das erfährst du in diesem Beitrag

Zirkadianer Rhythmus einfach erklärt[1][2][3]

Der zirkadiane Rhythmus ist einfach erklärt. Das Wort “zirkadian” ist aus dem lateinischen abgewandelt und setzt sich aus den Worten “circa” und “dies” zusammen. “Circa" steht für “etwa”, während “dies” der lateinische Begriff für “Tag” ist. Im Sinne des zirkadianen Rhythmus stehen die Begriffe für Vorgänge, die in einem Tag, also innerhalb von 24 Stunden ablaufen. Danach beginnen die Vorgänge wieder von neuem. Spannend ist, dass diese auch ohne äußere Zeitgeber oder Einflüsse (Licht, Dunkelheit, Temperatur) ihrem Rhythmus folgen. Erstmals beschrieben wurde dieses Phänomen bei heliotropen Pflanzen. Das sind Pflanzen, die sich immer nach der Sonne ausrichten. 1729 bemerkte der Astronom de Marian, dass sich die Blattbewegungen dieser Pflanzen auch in vollkommener Dunkelheit rhythmisch fortsetzen.

Frau strahlt die Sonne ins Gesicht
© Stiefkind Fotografie

Dem zirkadianen Rhythmus zugrunde liegen der suprachiasmatische Nucleus (SCN) und sogenannte “Clock genes” (Uhrengene) in deinen Zellen. Der suprachiasmatische Nucleus (SCN) wird auch Master Clock oder Zentraluhr genannt, sitzt im Gehirn und ist der Haupttaktgeber vieler zirkadianer Rhythmen. Über eine Verbindung zu deinen Augen bekommt der SCN die Information, ob es gerade hell oder dunkel ist und gleicht so die innere Uhr an deine Umwelt an. Eine besondere Rolle spielen dabei bestimmte Photorezeptoren, die sogenannten retinalen Glanglienzellen. Sie reagieren besonders sensibel auf blaues Licht und bestimmen stark die zirkadianen Rhythmen des Körpers mit.

Daneben haben aber auch einzelne Zellen in verschiedenen Regionen deines Körpers Clock genes und steuern über die Genetik die zirkadianen Abläufe. Sie werden auch als “periphere Oszillatoren” bezeichnet und befinden sich z.B. in der Leber, dem Herzen und der Netzhaut. Grundsätzlich sollten die im Körper verteilten peripheren Oszillatoren mit der Zentraluhr synchronisiert sein. Denn stimmen die inneren Uhren nicht überein oder wird der zirkadiane Rhythmus unterbrochen, kann das unter anderem zu Stoffwechselschieflagen führen.

Eine zirkadiane Besonderheit ist, dass zirkadiane Rhythmen zwar auch ohne äußeren Taktgeber funktionieren, sie aber dennoch an äußere Einflüsse synchronisiert sind. Licht beeinflusst zum Beispiel die Melatoninproduktion und bestimmt damit deinen Tag und Nacht-Rhythmus. Diese Synchronisation an äußere Einflüsse ist wichtig, um eine möglichst gute Anpassung an deine Umwelt zu gewährleisten. Daneben beeinflusst ein zirkadianer Rhythmus auch deine Hormone, deine Körpertemperatur, deine kognitiven Leistungen und vieles mehr. Außerdem reguliert ein zirkadianer Rhythmus deinen Cortisol-Spiegel.

Was ist die Chronobiologie? [4]

Die Chronobiologie ist ein Zweig der Biologie, der sich mit der Lehre der zeitlichen Rhythmen in Organismen beschäftigt. Sie untersucht die zirkadianen Rhythmen, die etwa einen Tag benötigen, aber auch Rhythmen, die kürzer oder länger dauern, wie ultradiane Rhythmen (kürzer als 20 Stunden) und infradiane Rhythmen (länger als 28 Stunden). Zu den kürzeren Rhythmen gehören etwa die Atmung oder Verdauungsbewegungen, während der Menstruations-Zyklus zu den infradianen Rhythmen zählt.

Faktoren, die den zirkadianen Rhythmus synchronisieren

Inzwischen ist in der Chronobiologie bekannt, dass deine innere Uhr nicht nur durch Licht von außen beeinflusst wird. Sondern du selbst durch Essenszeiten und sportliche Aktivitäten deinen zirkadianen Rhythmus beeinflussen kannst. Eine der bekanntesten Beeinflussungen ist der Flug von einer Zeitzone in die nächste, was meist zu einem Jet-lag führt. Aber auch Schichtarbeit kann deine innere Uhr durcheinanderbringen. Eine andauernde Störung deiner inneren Rhythmen kann auch Folgen haben und das Risiko für Übergewicht, Metabolisches Syndrom, Schlafstörungen und vorzeitiges Altern erhöhen.

Zirkadianer Rhythmus & Schlaf[1][2][5]

Als was würdest du dich bezeichnen? Früher Vogel beziehungsweise Lerche oder Nachtigall und Eule? Deine Präferenzen zu Aufsteh- und Schlafenszeiten geben Hinweise auf deinen Chronotyp. Beeinflusst beziehungsweise gesteuert wird dein Chronotyp über den zirkadianen Rhythmus, der für Schlaf verantwortlich ist.

Je nachdem wann der zirkadiane Rhythmus abläuft bzw. startet, können drei Chronotypen unterschieden werden:

Blog Sonne Blog-Icon

Morgentyp, Frühaufsteher oder Lerche genannt: steht sehr früh auf und geht früh zu Bett

Blog Müdigkeit Polster Website-Icon Wissen Schlaf

Normaltyp

Blog Stern Website-Icon Wissen

Abendtyp, Abendmensch, Spätaufsteher oder Eule genannt: geht später zu Bett und steht später auf

Circa 60% der Bevölkerung zählen zum Normaltyp. Menschen dieses Typs haben keine starke Ausprägung, was Aufsteh- und Schlafenszeit angeht. Die restlichen 40% teilen sich auf die Eulen und Lerchen auf. In denen jeweils noch stärkere und schwächere Ausprägungen voneinander existieren. Im Alter kann sich der Chronotyp verändern. Das zeigt sich auch darin, dass viele ältere Menschen früher wach werden als sie es ihr Leben lang gewöhnt waren.

Den Chronotypen zugrunde liegt der zirkadiane Rhythmus, der für die Melatoninproduktion verantwortlich ist. Melatonin, auch bekannt als das Schlafhormon, wird von der Zirbeldrüse in deinem Gehirn gebildet und beeinflusst deinen Wach-Schlaf- bzw. Tag und Nacht-Rhythmus. Mit dem Anstieg an Melatonin gehen auch gefäßerweiternde Effekte einher, wodurch deine Körpertemperatur sinkt und dein Körper so auf das Schlafen vorbereitet wird.

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© Unsplash

Licht und Dunkelheit sind die Taktgeber für die Melatoninproduktion. Während Licht die Produktion hemmt, wird sie durch Dunkelheit stimuliert. Die höchsten Konzentrationen von Melatonin im Körper finden sich zwischen 23:00 und 05:00 Uhr. So beeinflusst der zirkadiane Rhythmus auch deinen Schlaf. Der Morgen- und Abendtyp unterscheidet sich im Anstieg und Abfall der Melatoninkonzentration über den Tag. Beim Abendtyp kommt es etwa drei Stunden später als beim Morgentyp zum Anstieg bzw. Abfall von Melatonin. Dadurch wird beeinflusst, wann du aufstehst, zu Bett gehst oder sportlich aktiv und geistig leistungsfähig bist. Bist du eine Lerche, dann stehst du früher auf, erreichst deine beste mentale und physische Leistung eher früher am Tag und gehst auch früher wieder zu Bett. Als Eule hingegen stehst du später auf, erreichst deine maximale Leistungsfähigkeit in der zweiten Hälfte des Tages und gehst auch später wieder zu Bett.

Der wichtigste Zeitgeber für deinen Tag und Nacht-Rhythmus ist besonders der blaue Anteil des Lichts. Wie du vielleicht weißt, teilt sich das sichtbare Licht in unterschiedliche Wellenlängen auf. Blaues Licht hat eine Wellenlänge von etwa 380-500 Nanometer, übt die stärksten Effekte auf die menschlichen Rhythmen aus und synchronisiert gleichzeitig die internen biologischen und psychologischen Abläufe.

Besonders abends und kurz vor dem zu Bett gehen, kann blaues Licht auch negativ auf den zirkadianen Schlafrhythmus wirken und ihn umstellen. Durch das blaue Licht kommt es nämlich zu einer Verschiebung der Melatoninproduktion. Du wirst später müde, schläfst später ein und dein Schlaf ist nicht so erholsam. Außerdem hat blaues Licht auch starke Effekte auf andere Bereiche deines Körpers wie z. B. auf die Herzfrequenz, das Ansteigen deiner Körpertemperatur, und darauf, wie müde du dich fühlst. Daher gilt: Handy, Tablet und Co. abends am besten früh zur Seite legen, um den zirkadianen Rhythmus und die Melatoninproduktion nicht zu stören. Dasselbe gilt auch für die beliebten e-Reader, denn auch sie strahlen blaues Licht ab, was den Schlafrhythmus umstellen kann. Greife also lieber zu einem klassischen Buch, um deine Abendroutine zu begleiten und das Beste aus deinem Schlaf herauszuholen.

Zirkadianer Rhythmus & Ernährung[4][6][7][8][8][10]

Wie mit vielen anderen Prozessen hängt dein zirkadianer Rhythmus auch mit deinem Stoffwechsel zusammen. Im Zuckerstoffwechsel zeigt sich beispielsweise eine Veränderung des Insulin-Spiegels über den Tag und auf Glucose reagiert dein Körper zu unterschiedlichen Zeiten des Tages besser oder schlechter. So nimmt die Glucose-Toleranz z.B. im Laufe des Tages ab. Grund dafür ist vermutlich die verminderte Insulin-Sensibilität in den Geweben und der generelle Abfall der Insulin-Sekretion am Abend. Du kannst dieses Wissen rund um deinen zirkadianen Rhythmus für deine Ernährung nutzen und z.B. abends große Mengen an Kohlenhydraten vermeiden.

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Auch dein Chronotyp scheint deine Ernährung zu beeinflussen. Studien zufolge scheinen Abendmenschen sich oft nicht so gesund zu ernähren und essen oft später als Morgenmenschen. Zusätzlich zu einer Vorliebe für süße Mahlzeiten, Getränke und Alkohol essen sie weniger oft Früchte und Gemüse. Besonders abends werden mehr Kalorien aufgenommen, während das Frühstück häufiger als bei Morgenmenschen ausfällt. Trotz diesen Abweichungen scheinen Abendmenschen generell nicht mehr Energie durch die Nahrung aufzunehmen. Die Forschung vermutet, dass auch die rhythmischen Veränderungen der Appetit-regulierenden Peptide Leptin und Ghrelin den zirkadianen Rhythmus des Essens prägen. 

Abendmenschen zeigen nämlich eine verzögerte Ausschüttung dieser Peptide im Vergleich zu Morgenmenschen. Da Leptin für die Regulierung von Appetit und Energieumsatz wichtig ist und Ghrelin Hunger und Sättigungsgefühl reguliert, kann die verzögerte Ausschüttung zu den versetzten Mahlzeiten führen. So beeinflusst dein zirkadianer Rhythmus deine Ernährung. Umgekehrt wirkt auch Essen seinerseits als Zeitgeber und kann deine innere Uhr und metabolische Rhythmen regulieren.

Inwiefern man sich den zirkadianen Rhythmus zum Abnehmen zu Nutze machen kann, wird derzeit untersucht. Erste Ergebnisse zeigen, dass große Mahlzeiten, die spät gegessen wurden (nach 15:00) zu einem geringeren Gewichtsverlust führten als große Mahlzeiten, die früher stattfanden (vor 15:00). Das kannst du dir im Zuge des Intervallfastens zu Nutze machen. Denn Intervallfasten schafft mehrere positive Effekte. Zum einen unterstützt es die Gewichts- und Fettabnahme und die damit einhergehenden positiven Auswirkungen und zum anderen führt es auch zu Verbesserungen im Stoffwechsel unabhängig von Gewichts- oder Fettverlust. Studien konnten zum Beispiel zeigen, dass Intervallfasten die Glucosetoleranz verbessert und den Insulin-Spiegel senkt.

Holzbrett mit Besteck als Uhrzeit mit Essen
© AdobeStock

Intervallfasten

In diesem Beitrag erfährst alles grundlegende über Intervallfasten, die verschiedenen Varianten und wie du diese Art des Fasten gut in deinen Alltag integrieren kannst.
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Doch wie werden diese positiven Effekte erzielt? Anscheinend wird der zirkadiane Rhythmus durch das Intervallfasten beeinflusst. Genauer genommen scheint die verminderte Zeit der Nahrungsaufnahme die Essensaufnahme mit der inneren Uhr zu synchronisieren. Das ist auch ein Prinzip der “Chrononutrition” auch Uhrzeitendiät genannt. Die Chrononutrition untersucht den Zusammenhang zwischen den zirkadianen Rhythmen und der Nahrungsaufnahme und welche Effekte der Zeitpunkt von Mahlzeiten auf den Stoffwechsel hat. Inzwischen konnten Studien auch zeigen, dass gewisse Gene, die im zirkadianen Rhythmus wichtig sind, vom Intervallfasten beeinflusst werden. Die genaueren Mechanismen dahinter sind noch nicht entschlüsselt worden.

Zirkadianer Rhythmus Sport & Training[11]

Wie du schon weißt, gibt es viele Dinge, die deine zirkadianen Rhythmen beeinflussen und als Zeitgeber fungieren. Neben Licht, Temperatur und Mahlzeiten kann auch physische Aktivität also Sport deine Rhythmen beeinflussen. Auf den zirkadianen Rhythmus wirkt besonders regelmäßiges Training. Es wird mit einem besseren Nachtschlaf und der normalen rhythmischen Produktion von Steroid-Hormonen in Verbindung gebracht.

Frau dehnt sich
© Unsplash

Generell, aber vor allem für Sportler gilt, dass der Körper besonders gut arbeitet, wenn alle inneren Uhren aufeinander abgestimmt sind und synchron laufen. Wie beim Schlafen und Essen hat der Chronotyp auch Auswirkungen auf deine physische Leistungsfähigkeit. Als Frühaufsteher erreichst du deine beste Performance kurz nachdem der Tag begonnen hat, während Eulen erst zu späteren Tageszeiten ihr Maximum erreichen. Das konnte auch in Studien gezeigt werden. So zeigten Abendmenschen nach einem Morgentraining eine höhere Herzfrequenz und brauchten länger für die Verlangsamung des beschleunigten Herzschlags als Frühaufsteher. Gleichzeitig hatte ein abendliches Training keine stärkeren Effekte auf die Frühaufsteher, was vermuten lässt, dass zu dieser Tageszeit der zirkadiane Rhythmus durch Sport weniger beeinflusst wird.

Es macht also Sinn, sich seines Chronotyps bewusst zu sein, wenn man im Training das Maximum aus sich herausholen will und gleichzeitig das Verletzungsrisiko minimieren möchte. Denn als Morgenmensch bist du schon früh leistungsbereit, weniger müde und kannst größere körperliche Leistungen schon früh am Tag schaffen, während Eulen ihre Trainingsroutine eher in die Abendstunden verlegen sollten. So kannst du deinen zirkadianen Rhythmus für dein Training nutzen.

Willst du wissen, zu welchem Chronotyp zu zählst, kannst du hier den Test machen.

Häufig gestellte Fragen

Verfasst von

Cornelia Lenardt
Ernährungswissenschaftlerin & Trainerin für intuitives und achtsames Essen
Cornelia hat Ernährungswissenschaften in Wien studiert und ist bei Pure Encapsulations Teil des Teams Scientific Communications. Dort überzeugt sie mit ihrer lustigen und offenen Art und setzt ihr Know-how bei der wissenschaftlichen Recherche und dem Aufbereiten des gesammelten Wissens zu Texten ein. Privat findet man sie meist kletternd oder wandern in den Bergen oder gemütlich Zuhause, vertieft in die nächste Geschichte.
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